Wirtschaftliche Aspekte
Kosten für Patienten
Herzschrittmacher
Die Kosten, die auf die Patienten zu kommen, können stark variieren. Wie in fast jedem Bereich, auch außerhalb der Gesundheitsindustrie, ist der Preis an die Ausstattung der genutzten Ersatzteile gekoppelt. Als erstes Beispiel kann hier der Herzschrittmacher genannt werden. Technisch ist dieser mittlerweile so ausgereift, dass Einkammerschrittmacher bei einem Preis von 2.500 Euro bis 2.800 Euro liegen. Wird ein Zweikammerschrittmacher benötigt, welcher aber noch keine weitere Zusatzfunktion besitzt, verdoppelt sich der Preis schon auf ca. 5.000 Euro bis 6.000 Euro. Dabei handelt es sich aber um die günstigste Variante und es sind noch keine Sonderfunktionen in diesem Preis berücksichtigt worden. Sonderfunktionen erhöhen die Produktionskosten und somit den Preis für den Kunden, weshalb ein Herzschrittmacher mit zusätzlichen Funktionen, wie zum Beispiel mit einem Kardioverter-Defibrillator, bis zu 20.000 Euro kosten kann.[1] Da es sich bei der Implantation eines Herzschrittmachers um einen lebensnotwendigen Eingriff handelt, werden hier sämtliche Kosten durch die gesetzlichen Krankenkassen übernommen.[2]
Hörgeräte
Ein anderes weit verbreitetes elektronisches Ersatzteil für den Körper ist das Hörgerät. Hier sind die Kosten für die Patienten nicht so hoch wie bei einem Herzschrittmacher, jedoch lassen sich die Hersteller oft alles, was über die Grundausstattung hinausgeht, sehr gut bezahlen. Anders als bei Herzschrittmachern, übernehmen die Krankenkassen hier nur die Kosten für ein nach aktuellem Stand der Forschung ausreichendes Hörgerät. Seit dem 01. November 2013 ist dieser Betrag von den gesetzlichen Krankenkassen von 421,28 Euro auf 784,94 Euro erhöht worden. Hörgeräte-Akustiker sind dazu verpflichtet, Geräte für diesen Festbetrag anzubieten.[3] Preislich liegen Hörgeräte meistens zwischen 750 Euro[4] bis 2.500 Euro[5]. Daher kommt auf die Patienten oft ein erheblicher Eigenanteil hinzu. Auch die laufenden Kosten für Batterien sind vom Nutzer selbst zu tragen und sind mit einem Preis von bis zu 9,- pro Packung nicht zu unterschätzen.[6]
Moderne Prothesen
Auch für myoelektrische und gedankengesteuerte Prothesen gibt es bereits Hersteller in Deutschland, wie zum Beispiel Ottobock.[7] Da für diese Art der Prothesen eine enorme Individualisierung notwendig ist und keine Privatpersonen beliefert werden, konnten während den Recherchen selbst auf Anfrage bei Ottobock keine konkreten Preise für einen Patienten genannt werden. Von der Krankenkasse werden solche elektronischen Prothesen aber nur in besonderen Ausnahmefällen erstattet. Ausgeschlossen sind Prothesen, die lediglich die Bequemlichkeit der Patienten erhöhen und nicht die Funktionalität.[8] „Ein Anspruch auf Versorgung mit einem bestimmten Hilfsmittel besteht aber nur, wenn der Versicherte durch den Einsatz des Hilfsmittels im alltäglichen Lebensbereich deutliche Gebrauchsvorteile hat.“[9] Daher wird sich der Patient meistens mit einer herkömmlichen Prothese zufrieden geben müssen, wenn er nicht selbst für die teurere Prothese aufkommt.
Marktanalyse
Herzschrittmacher
Durch den erhöhten Bedarf an elektronischen Ersatzteilen für den Körper steigen seit Jahren die Umsätze, der in der Produktion und im Vertrieb beteiligten Unternehmen. Der weltgrößte Hersteller von Herzschrittmachern Medtronic konnte im 1. Quartal bis zum 26. Juli 2013 seine Umsätze um mehr als 10% im Vergleich zum Vorjahr steigern und erwirtschaftete einen Gewinn von 953 Millionen Dollar. Betrachtet man den Bereich der Rhythmusstörungen, dem auch Herzschrittmacher zugeordnet sind, blieb der Umsatz zwar konstant, allerdings stieg der Verkauf von Herzschrittmachern im letzten Geschäftsjahr um sichtliche 6%.[10] Die stetig steigenden Umsätze von Medtronic innerhalb der letzte Jahre werden in Abbildung 1 veranschaulicht.
1 Abbildung: Medtronic: GuV und Bilanz, Quelle: http://www.finanzen.net/bilanz_guv/Medtronic [Stand 25.11.2013]
In Deutschland wurden im Jahr 2011 75.702 Herzschrittmacher implantiert. Des Weiteren gab es im selben Jahr 30.260 weitere Eingriffe, die einen Austausch oder eine Explantation der Herzschrittmacher umfassten.[11] Anknüpfend verdeutlicht Abbildung 2 die Zunahme an neuen Herzschrittmachern im Gegensatz zum Vorjahr von circa 2,5%.
2 Abbildung: Deutsches Herzschrittmacher-Register - Herzschrittmachertransplantationen nach Jahren, Quelle: http://www.pacemaker-register.de/pdf/zentralregister_herzschrittmacher_bericht11_teil1.pdf
3 Abbildung: Deutsches Herzschrittmacher-Register - Verteilung der Hersteller von Herzschrittmachern bei Implantationen in Deutschland im Jahre 2011, Quelle http://www.pacemaker-register.de/pdf/zentralregister_herzschrittmacher_bericht11_teil1.pdf
Hörgeräte
Im Jahr 2012 wurden in Deutschland etwa 900.000 Hörgeräte im Wert von 1,3 Milliarden Euro verkauft, wobei ein Gerät in etwa 1000 Euro kostet. Darüber hinaus gibt es auch Modelle mit Zusatzfunktionen, wie bspw. einen Verbindungsaufbau mit MP3-Playern oder Handys, welche einen Preis von bis zu 2500 Euro haben können. Der deutsche Hörgerätemarkt ist eine sehr lukrative Branche, dessen Verkauf in der Vergangenheit stetig um 5% pro Jahr gewachsen ist.[13] Im Jahr 2009 trugen bereits 2-3 Millionen Deutsche eine Hörhilfe. Da der demographische Wandel Einzug in die Gesellschaft hält und die deutsche Bevölkerung immer älter wird, ist ein weiteres Wachstum gewiss zu erwarten. [14] Ferner sind die Gewinnmargen für Händler äußerst hoch, zumal sie bis zu 100% auf den Bezugspreis vom Hersteller aufschlagen.
Nichtsdestotrotz kämpft die Branche mit einem schlechten Image. In den vergangenen Jahren wurden Vorwürfe laut, es fänden geheime Preisabsprachen statt und Schmiergelder sollen geflossen sein. Vermeintlich sollen Ärzte von Akustikern Geld dafür erhalten haben, Patienten zu vermitteln.1, 2 Sonova, der weltgrößte Hersteller der Branche aus der Schweiz, tauschte erst kürzlich die gesamte Führungsspitze aus, da sie millionenschwere Geschäfte mit den eigenen Aktien getätigt hatte.[15]
4 Abbildung: Anzahl der verkauften Hörgeräte in Deutschland von 2004 bis 2012; Quelle: http://www.wiwo.de/unternehmen/handel/hoergeraete-kampf-gegen-korruption-in-der-hoergeraete-branche-/8177616.html
Das Familienunternehmen Kind GmbH & Co. KG ist mit 150 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2010 (selbst beziffert, da als Kommanditgesellschaft keine Pflicht zur Offenlegung des Gewinns/Umsatzes besteht) und über 550 Filialen in Deutschland der größte inländische Hörgerätehändler. [16], [17] Derzeit arbeiten 2400 Angestellte in über 600 Filialen in 16 Ländern, darunter Russland, Singapur und Spanien, für das Unternehmen.[18], [19] Durch weitere Expansion und den Ausbau des Filialnetzes, welche teilweise auf die Übernahme bestehender Geschäfte, die altersbedingt aufgegeben werden mussten, oder auf Neueröffnungen zurückzuführen ist, soll das Fünfjahresziel von 350-400 Millionen Euro Jahresumsatz erreicht werden. Bisher werden die Filialen durch Angestellte des Unternehmens geführt. Die Geschäftsführung hält Franchise auch für eine denkbare Option, demgegenüber müsste hierfür zuerst die Markenposition gestärkt werden. [20] Im Jahr 2004 übernahm das Unternehmen den ostdeutschen Hersteller Audifon und produziert seitdem eigenständig in Deutschland.[21] In den Filialen werden nicht nur eigene Produkte vertrieben, sondern auch Geräte anderer Hersteller, dennoch alle unter der einheitlichen Marke KIND. Obwohl die eigene Produktion im Vergleich zum Schweizer Branchenprimus Sonova vergleichsweise klein ist, so bietet die eigene Herstellung doch die Möglichkeit, im Hinblick auf Neuheiten am Puls der Zeit zu bleiben, wie in etwa bei der Förderung der Kommunikation beider Ohren oder bei der Vernetzung mit anderen Geräten.8
Fazit
Elektronische Ersatzteile für den Körper gewinnen in einer älter werdenden Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Das lässt die aktuellen Umsatzzahlen der produzierenden Unternehmen in den letzten Jahren steigen und auch weiterhin ist mit einem deutlichen Umsatzplus in der Gesundheitsbranche zu rechnen. Da es sich weitgehend um medizinisch notwendige Geräte handelt, ist es zumindest in Deutschland jedem gesetzlich Versicherten möglich, ein funktionierendes und den Grundbedürfnissen angepasstes Hörgerät oder einen Herzschrittmacher zu erhalten. Bei technisch ausgereifteren Modellen, sowie bei elektronischen Prothesen, gibt es von den Krankenkassen den gewohnten Zuschuss, oft bezahlen die Betroffenen trotzdem deutliche Aufschläge für den erhöhten Komfort.
Literatur
- [1] Vgl. Susanne - Wieviel-Kostet?: http://www.wieviel-kostet.net/wieviel-kostet-ein-herzschrittmacher/[Stand 25.11.2013]
- [2] Vgl. Qimeda - Gesundheit transparent: http://www.qimeda.de/lexikon/operationen/herzschrittmacher [Stand 25.11.2013]
- [3] Vgl. Stiftung Warentest - Finanztest 09/2013: http://www.test.de/Gesetzliche-Krankenversicherung-Kassen-zahlen-hoeheren-Zuschuss-fuer-Hoergeraete-4589931-0/ [Stand 25.11.2013]
- [4] Hörgeräte Jahnecke: http://www.hoergeraete-jahnecke.de/preise/audifon_hoergeraetepreise.php [Stand 25.11.2013]
- [5] Vgl. Hörgeräte24: http://www.hoergeraete24.com/site/produkte/?gclid=COWknOy4gLsCFQTA3godXgUAZA [Stand 25.11.2013]
- [6] Vgl. Stiftung Warentest: http://www.test.de/Hoergeraeteakustiker-Fuenf-grosse-Ketten-im-Vergleich-1390011-1390053/default.ashx?col=11&col=12&col=13&col=14&col=15&col=16 [Stand 25.11.2013]
- [7] Vgl. Ottobock: http://www.ottobock.de/cps/rde/xchg/ob_de_de/hs.xsl/3170.html [Stand 25.11.2013]
- [8] Vlg. MyHandicap - Streitfrage Kostenübernahme: Wer bezahlt was?: http://www.myhandicap.de/wer-bezahlt-die-prothese.html [Stand 25.11.2013]
- [9] MyHandicap - Streitfrage Kostenübernahme: Wer bezahlt was?: http://www.myhandicap.de/wer-bezahlt-die-prothese.html [Stand 25.11.2013]
- [10] Vgl. Deutsche Gesundheitsnachrichten: http://www.deutsche-gesundheits-nachrichten.de/2013/08/23/medtronic-profitiert-von-umsatzplus-mit-herzschrittmachern/ [Stand 25.11.2013]
- [11] Vgl. Deutsches Herzschrittmacher-Register: Jahresbericht des Deutschen Herzschrittmacher-und Defibrillatorregisters, S. 4, http://www.pacemaker-register.de/pdf/zentralregister_herzschrittmacher_bericht11_teil1.pdf [Stand 25.11.2013]
- [12] Vgl. Deutsches Herzschrittmacher-Register: Jahresbericht des Deutschen Herzschrittmacher-und Defibrillatorregisters, S. 51, http://www.pacemaker-register.de/pdf/zentralregister_herzschrittmacher_bericht11_teil1.pdf [Stand 25.11.2013]
- [13] vgl. Salz, Jürgen: http://www.wiwo.de/unternehmen/handel/hoergeraete-kampf-gegen-korruption-in-der-hoergeraete-branche-/8177616.html [Stand 25.11.2013]
- [14] vgl. RP online: http://www.rp-online.de/wirtschaft/unternehmen/korruption-in-der-hoergeraete-branche-aid-1.2328860 [Stand 25.11.2013]
- [15] vgl. SRF: http://www.srf.ch/player/tv/srf-boerse/video/hoergeraete-branche-unter-preisdruck?id=9b7c2bbc-a0b0-4ee5-b8aa-c07970409758 [Stand 25.11.2013]
- [16] vgl. Telgheder, Maike: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/mittelstand/50-geschaefte-pro-jahr-ueber-erfolg-wird-nicht-geredet/4542378-2.html [Stand 25.11.2013]
- [17] vgl. KIND: http://www.kind.com/fileadmin/kind/de/download/pdf/KIND_Fact_Sheet_2013.pdf [Stand 25.11.2013]
- [18] vgl. KIND: http://www.kind.com/de/unternehmen/wer-wir-sind.html [Stand 25.11.2013]
- [19] vgl. KIND: http://www.kind.com/de/unternehmen/kind-weltweit.html [Stand 25.11.2013]
- [20] vgl. Paul, Holger: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmergespraech-alexander-und-martin-kind-hoergeraete-koennen-noch-viel-mehr-11511636.html [Stand 25.11.2013]
- [21] vgl. KIND: http://www.kind.com/de/unternehmen/historische-meilensteine.html [Stand 25.11.2013]