Abgrenzung
In unserer leistungsorientierten Gesellschaft steigt die Gefahr von schweren Unfällen und psychischen Folgen für die Arbeitnehmer durch den wachsenden Konkurrenzdruck in der Wirtschaft stetig an. Zwar können viele Zwischenfälle durch die automatische Steuerung von Maschinen und eine Unterstützung der Menschen durch entsprechende Assistenzsysteme verhindert werden, ein gewisses Restrisiko bleibt allerdings bestehen. So verlieren nach Angaben der Universität Jena allein in Deutschland jedes Jahr rund 100.000 Menschen einzelne oder mehrere Gliedmaßen [1].
Häufigste Ursachen für diese Einschränkungen sind dabei mit über 80% arterielle Verschlusskrankheiten, aber auch die bereits angesprochenen Unfälle sowie Krebs- und Stoffwechselerkrankungen. In Schwellen- und Entwicklungsländern, sowie in Krisengebieten unserer Welt, erhöhen Kriegsverletzungen die alltägliche Bedrohung durch zurückgelassene Landminen oder Streubomben als auch die direkten Auswirkungen von Naturkatastrophen. [2]
Für den Alltag der Betroffenen müssen die Verletzten häufig eine Vielzahl von Einschränkungen erleiden. Der Verlust von Gliedmaßen ist eine schwere physische und psychische Belastung - nicht zuletzt, weil die Lebensqualität maßgeblich durch die Schlüsselfaktoren Bewegung und Beweglichkeit bestimmt wird. Mittlerweile können Prothesen dazu beitragen, die verlorene Lebensfreude und Mobilität zurückzuerlangen [2]. Beschäftigt man sich intensiver mit den Aussagen Betroffener, relevanten Unfallstatistiken und den Umsatzzahlen führender Hersteller, wird vor allem eines schnell klar: Dieses Thema geht uns alle etwas an!
Um das vorgestellte Thema „Elektronische Ersatzteile für den Körper“ in einem angemessenen Umfang, aber gleichzeitig auch möglichst präzise zu behandeln, werden im Folgenden zunächst nebensächliche Aspekte von der Betrachtung ausgeschlossen und das Themengebiet so auf die wesentlichen Gesichtspunkte reduziert.
Wie bereits zu Beginn dieses Kapitels erwähnt, spielt der von unserer Gruppe behandelte Themenkomplex im Alltag vieler Menschen eine wichtige Rolle. Mit dem Begriff der „Ersatzteile für den Körper“ verbindet man dabei im ersten Augenblick vor allem statische Prothesen und künstliche Körperteile, in denen keine elektronischen oder biologischen Komponenten zum Einsatz kommen. Dies erscheint nachvollziehbar – schließlich werden sie bereits seit Jahrhunderten verwendet und sind heutzutage aufgrund der kostengünstigen Herstellung vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern weit verbreitet. Da wir uns im weiteren Verlauf der Ausarbeitung auf die elektronischen Ersatzteile beschränken, wird dieser Kategorie keine weitere Bedeutung zugeschrieben.
Auch die biologischen Ersatzteile bleiben in dieser Arbeit weitgehend unbeachtet. Dazu zählen transplantierte Spenderorgane und ergänzende Technologien, wie beispielweise mithilfe eines 3D-Druckers gedruckte oder im Labor gezächtete Organe, die erkrankte oder operativ entfernte Organe ersetzen. Obwohl beim Aufbau dieser biologischen Strukturen technische Geräte als Hilfsmittel verwendet werden, übernimmt die Elektronik in diesem Bereich nur eine Nebenrolle.
Neben den weitverbreiteten mechanischen Prothesen gewinnen mit zunehmendem technischen Fortschritt vor allem die elektronischen Ersatzteile für den menschlichen Körper an Bedeutung. Prominente Beispiele für diese Komponenten sind Herz- und Hirnschrittmacher, Retina- und Cochlea-Implantate, sowie Insulinpumpen und Dialysegeräte. Dabei unterscheidet man im Wesentlichen zwischen einer mobilen und der stationären Verwendung entsprechender Technologien. So können beispielsweise die für eine Hämodialyse benötigten Apparaturen, welche eine der populärsten Ersatzverfahren überhaupt zur Blutreinigung bei Nierenversagen darstellt, aufgrund ihrer Größe nur extrakorporal (außerhalb des Körpers) verwendet werden. Um den Umfang dieser Arbeit in einem angemessenen Bereich zu halten, werden wir uns bei unseren Ausführungen ausschließlich auf die intrakorporalen Ersatzteile beschränken. Mit den oben genannten Beispielen werden wir uns im weiteren Verlauf dieses Projekts noch weiter beschäftigen.
Der zunehmende technische Fortschritt erfordert noch eine weitere Einschränkung. So sollen die von uns betrachteten Ersatzteile nur die ursprünglichen Funktionen der eingeschränkten Körperteile übernehmen, nicht aber genutzt werden, um zusätzliche Eigenschaften oder unnatürliche Fähigkeiten umzusetzen. Zahlreiche Beispiele für solche Erweiterungen sind unter anderem in dem Spielfilm „Inspektor Gadget“ des amerikanischen Regisseurs David Kellogg aus dem Jahr 1999 zu finden.
Bei den hier betrachteten Ersatzteilen handelt sich also um elektronische Komponenten, die einzelne oder mehrere Funktionen des Körpers teilweise oder vollständig ersetzen können, den natürlichen Funktionsumfang allerdings nicht erweitern. Sie verbleiben für lange Zeiträume im oder direkt am Körper des Betroffenen und sollten dabei möglichst wartungsarm sein.
Im Anschluss an die thematische Einführung und die Vorstellung des inhaltlichen Aufbaus, werden dem Leser verschiedene Technologien und dessen Entwicklung in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft vorgestellt. In dem darauffolgenden Kapitel der wirtschaftlichen Aspekte werden im Zuge einer Marktanalyse die Umsätze ausgewählter Herzschrittmacher- und Hörgerätehersteller betrachtet und die finanzielle Belastung betroffener Personen offengelegt. Die vorhergehenden Ausführungen als Grundlage nutzend, kann anschließend eine umfassende Erörterung ethischer und moralischer Grundfragen aus diesem Bereich vorgenommen werden. Den Abschluss dieser Arbeit bildet das zusammenfassende Fazit.