Cyborgs

Verfasst von Tjark und Moritz

Konzept des Cyborgs

Das Konzept des Cyborgs wurde 1960 erstmalig von den Wissenschaftlern Nathan S. Kline und Manfred E. Clynes ins Leben gerufen. Diese Idee basierte auf der Eroberung des Weltalls. Hierbei sollte das Konzept dem Menschen helfen, sich an lebensfeindliche Umgebungen anzupassen, um ihm die Möglichkeit zu geben, sich außerhalb der ihm gegebenen Erde zu etablieren und zu überleben. Der Cyborg wird dabei als eine Erweiterung des Menschen und als strikt positive Auswirkung auf den Verlauf der Geschichte betrachtet. Dieses neue Konzept muss zunächst von den Prothesen abgegrenzt werden. Prothesen sollen primär die Wiederherstellung eines zerstörten oder beschädigten Körpers gewährleisten. Dagegen ist die Idee des Cyborgs vielmehr auf die Optimierung des intakten Körpers ausgerichtet. Der menschliche Organismus wird jedoch nicht grundsätzlich als Mängelwesen angesehen, sondern eher als für die nun neu anstehenden Herausforderungen und Belastungen, die die Erforschung des Weltalls mit sich bringt, als unzureichend ausgestattet. Ein weiterer Grund für die Begeisterung ist der Gedanke, dass das Individuum aus einem lebenden Körper und die toten Ersatzteilen aus der Technik entstehen. Donna Haraway beschrieb bereits in den 1980er Jahren, dass diese scheinbar widersprüchlichen Eigenschaften die Menschen faszinierten. Zudem steigert das Prinzip der Fiktion und der Surrealität einer utopischen Figur die Begeisterung vieler Menschen, wie bspw. die Figur aus dem Film 'Terminator'.

Sichtweisen

Bei der Verwirklichung eines Cyborgs stehen zwei mögliche Blickrichtungen im Mittelpunkt. Zum einen gibt es die wissenschaftliche Blickrichtung, bei der es allein um die Weiterentwicklung hochmoderner Technik geht, durch die es zu einem Aufstieg der Gesellschaft kommt. Zum anderen existiert die Blickrichtung der postmodernen Kultur, welche sich Ende des 20. Jahrhunderts entwickelte. Diese Kultur steht dem Prinzip des Mensch-Maschine-Konzepts eher kritisch gegenüber. Sie veranlasst die Menschen dazu, die Veränderungen durch die neu entwickelte Technik skeptisch zu betrachten und diesen nicht ohne Hinterfragung mit Wohlwollen zu begegnen. Dies ist auf den sich immer schneller entwickelnden Stand der Technik zurückzuführen, welcher die Menschen dazu veranlasst, sich vorsichtig gegenüber Neuerungen zu verhalten. Gerade die postmoderne Kulturtheorie betrachtet den Cyborg als ambivalentes Geschöpf, das sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringt und Chancen sowie Gefahren birgt. Futuristische Konzepte, wie das des Cyborgs, gefährden zum Teil das Sicherheitsdenken der Menschen, welche allgemeine Absicherung und Stabilität verlangen. Die Idee eines Cyborgs bedroht diese Vorstellung und die kulturelle Geschichte einer Gesellschaft. Dies ist ein neuer Bewusstseinsstand der Bevölkerung, der erreicht, dass jede Entscheidung, egal wie sie getroffen wurde, auch Folgen nach sich zieht und dementsprechend wohlüberlegt sein muss.

Beispiel: Exoskelett

Ein Beispiel des Fortschritts der Technik in der Postmodernen ist das sogenannte Exoskelett. Dieses von der US-Army entwickelte Skelett, auch Human Universal Load Carrier (HULC) genannt, dient den Soldaten zur Verbesserung ihrer physischen Möglichkeiten. Hierbei werden durch Sensoren in dem Exoskelett Daten an einen Computer übertragen. Dieser wertet sie umgehend aus und unterstützt somit die Bewegungen des Soldaten, um eine gesteigerte Leistung der physischen Kräfte zu gewährleisten. Soldaten sollen dadurch immer größere Lasten tragen können und somit nicht unter Ermüdungserscheinungen leiden. Das Exoskelett wird jedoch nicht, wie andere Cyborgtechniken, in den Körper integriert, sondern an den Körper des Soldaten angefügt. Dadurch entsteht eine Art der Symbiose zwischen dem HULC und dem Menschen.
Kulturell gibt es auch bei dem Exoskelett Differenzen. Einerseits kann ein Exoskelett durch den direkten Kontakt zum menschlichen Körper als Prothese angesehen werden. Dadurch, dass eine Verbesserung der körperlichen Möglichkeiten zustande kommt, fällt dies in den Bereich der Prothetik. Andererseits schafft die Verbindung von künstlicher Technik und biologischem Körper nach Nathan S. Kline und Manfred E. Clynes' Definition eine Art Cyborgwesen. Der HULC wird als eine Erweiterung der Soldaten auf kybernetischer Basis gesehen. Dementsprechend wird durch die erhöhte Funktionalität des Soldaten und dem futuristischen Eingreifen von Technik eine neue Art des Menschen erschaffen, die vor wenigen Jahren noch als höchst fiktiv galt.

Wirkung auf den Menschen

Doch auch Ideen, die heutzutage fiktiv wirken, können schon bald Wirklichkeit werden, was nicht nur positiv aufgenommen wird. Vor allem zeichnet sich ab, dass das Eingreifen in den menschlichen Körper durch Technik oder Maschinen zunehmend negativ als ein Eingreifen in die Existenz des Menschen gesehen wird. Jedoch werden auch immer wieder Stimmen zur Veränderung und Verbesserung der Lebensumstände der Menschen laut. Diese können durch neue Technologien, wie bspw. der des Cyborgs, herbeigeführt werden. Ferner ist durch historische Ereignisse belegt worden, dass umstrittene Gedanken oft für ein Umdenken der Bevölkerung und eine Weiterentwicklung der Gesellschaft verantwortlich sind.
Darüberhinaus wirkt sich das Konzept des Cyborgs auf die Politik und die Gesellschaft aus. Demzufolge kann es durch modifizierte Erweiterungen des Körpers zu keiner Gleichheit mehr kommen. Diese muss durch Regeln neu hergestellt werden. Aber auch wenn neue Richtlinien festgelegt worden sind, kann sich jeder eine andere Erweiterung oder Verbesserung anschaffen. Auch besteht die Gefahr, dass durch eingesetzte Chips, die zur Schärfung oder Wiederherstellung der Sinne eingesetzt werden, eine Kontrolle des Menschen erlangt werden kann. Hierbei könnte die Regierung oder der jeweilige Erfinder auf die Daten der Chips zugreifen und so die Privatsphäre oder das Umfeld des Tragenden ausspionieren. Die weitere Verfahrensfrage nach dem Konzept des Cyborgs muss daher sowohl auf ethischer als auch auf menschlicher Basis kritisch betrachtet werden, inwieweit dies im Sinne der Menschheit ist und die Vorteile die Nachteile aufwiegen.


Literatur

  • [1]Vgl. http://www.netzwelt.de/news/70514_2-chip-implantate-bedrohung-menschenwuerde.html
  • Bianca Westermann, „Prothese oder Cyborg? Zur kulturellen Aktualität des Verhältnisses von Technik und Körper“,  Der Artikel basiert auf einem Vortrag, den die Autorin im Januar 2010 am Institut für Volkskunde/Kulturanthropologie der Universität Hamburg hielt. In diesem greift die Autorin einige zentrale Aspekte ihrer Dissertation "Anthropomorphe Maschinen, Technomorphe Körper. Kulturelle Gestalten des Hybriden zwischen belebter und unbelebter Materie" auf.