Das Cochlea Implantat

Verfasst von Christian

Grundlagen - Aufbau und Funktion des Ohres

Der Mensch hat fünf Sinnesorgane: Die Haut, das Auge, die Nase, den Mund und das Ohr. Fällt einer dieser Sinne aus, so ist der Mensch sofort stark in seiner Lebensweise beeinträchtigt. Leider gab es lange Zeit keine Möglichkeiten, ein Sinnesorgan operativ zu "reparieren", bis es zu der Entwicklung des Cochlea-Implantats kam. Durch die Erfindung des Cochlea-Implantats gelingt es mittlerweile, das wohl wichtigste Sinnesorgan funktionsfähig zu halten: Das Ohr. Schon Immanuel Kant stellte fest: "Nicht sehen trennt den Menschen von den Dingen, nicht hören trennt den Menschen vom Menschen". [1] Das Gehör, welches schon im fünften Schwangerschaftsmonat voll ausgebildet ist, versorgt uns pausenlos und sogar während des Schlafens mit Informationen. [2]

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Abb1: Aufbau des Ohres [6]

Das Ohr wird in drei Bereiche strukturiert, welche unterschiedliche Bezeichnungen tragen: Das Außenohr, das Mittelohr und das Innenohr. Das Außenohr besteht aus dem Ohrknorpel, dem Ohrläppchen, der Ohrmuschel und aus der Außenseite des Trommelfells. Hier wird der Schall aufgenommen und lokalisiert, das heißt, es wird festgestellt, von wo der Schall kommt. Das Mittelohr besteht aus dem Trommelfell und den drei Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel, welche mit dem Trommelfell verbunden sind. Versetzt der Schall das Trommelfell nun in Schwingungen, wird diese über den Hammer, den Amboss und den Steigbügel zum Innenohr weitergeleitet. Das Innenohr besteht aus der Cochlea und dem Hörnerv, der bis zum Gehör- und Sprachzentrum des Gehirns reicht. Zudem beinhaltet das gesamte Innenohr eine Flüssigkeit, die durch die Weiterleitung des Schalls in Wellenbewegungen versetzt wird. In der Cochlea befinden sich außerdem Haarzellen, die mit Nervenimpulsen auf die Wellenbewegung der Flüssigkeit reagieren. Diese Nervenimpulse werden hierbei durch den Hörnerv an das Gehörzentrum übermittelt. [3] [4] [5]



Die Cochlea-Implantat Technik

Geschichte

Die Geschichte des Cochlea-Implantats begann schon um 1800, als Alessandro Volta, ein Italienischer Physiker und Erfinder der Batterie, ein Selbstexperiment wagte. Er verband Batterien mit zwei Metallstäben und führte sich diese in sein Ohr ein. Dabei bemerkte er ein "rütteln in seinem Kopf". Zudem nahm er ein ein Geräusch wahr, das dem einer kochenden dickflüssigen Suppe ähnlich gewesen sei. [8] [9] Allerdings bedachte er nicht, dass es sich dabei um einen "elektrophonen" Effekt bei intaktem Innenohr handelte. [10]

In den darauffolgenden Jahren führten unterschiedlichste Wissenschaftler Versuche mit unterschiedlichen Stromstärken durch. 1855 benutzte Duchenne de Boulogne erstmals Wechselstrom für diese Art des Versuchs. Im späteren Verlauf wurden noch andere Stromquellen eingesetzt. [11] [10] Die Gemeinsamkeit dieser Untersuchung zur Elektrostimulation des Hörnervs war dabei immer, dass die Stimulation extra-cochleär, das heißt nicht im Innenohr, stattgefunden hat. Erst 1936 brachten Gersuni und Volokhov die Forschung voran, indem sie die Gehörknöchelchen entfernten und nachwiesen, dass die Cochlea zum Hören stimuliert werden muss. Schon drei Jahre später zeigten Steven und Jones dann unter anderem, dass "wenn die Cochlea durch ein mechanisches Feld in Schwingungen versetzt wird, Geräusche wahrgenommen werden können". [12]

1950 erfolge dann die erste direkte Stimulation des menschlichen Hörnervs durch Ludenberg, was dazu führte, dass der Patient Geräusche wahrgenommen hat. [13] [8] Nach diesem Erfolg entwickelten die Physiker André Djourno und der Otologe Charles Eyriès 1957 das erste funktionierende Cochlea-Implantat. Am 25.02.1957 wurde eseinem gehörlosen Patienten implantiert, woraufhin dieser in der Lage war, ein Geräusch, ähnlich wie das Zirpen einer Grille, zu bemerken. Des Weiteren war es möglich mit viel Übung einfache Worte wie Mama, Papa oder Hallo zu erkennen. Auch diente es dazu die Fähigkeit des Lippenlesens zu verbessern. Das Implantat funktionierte mit einer implantierten Elektrode. Über eine Radioantenne war es dann möglich, ein Signal an die Elektrode zu senden. [8] [13]

Die ersten Versuche mit mehreren Elektroden unternahmen daraufhin die amerikanischen Chirurgen John M Doyle, William F House und der Elektronikingenieur James Doyle. [13] 1963 starteten Zöllner, ein Otologe aus Freiburg, und Keidel, ein Sinnesphysiologe aus Nürnberg, ein eigenes Projekt mit anderem Konzept. Ihr Plan war es die Elektroden in der Cochlea zu platzieren. Allerdings gelang es ihnen auf diese Weise nur eine Elektrode zu implantieren. Trotzdem lieferten sie wichtige Vorschläge und Erkenntnisse, die heutzutage verwirklicht werden konnten. Sie schlugen eine Transkutane Übertragung, d.h., eine Übertragung durch die Haut, vor. Die Elektroden sollten einen Frequenzbereich von 300 bis 3000 Hz abdecken, was zur Folge habe, dass 20 bis 100 Elektroden notwendig sein würden. [14] 1964 implantierte Dr. Blair Simmons von der Stanford Universität ein Implantat mit sechs Elektroden. Durch diesen Versuch demonstrierte er erfolgreich, dass mit verschiedenen Stimulationen verschiedene Empfindungen einhergehen. [15]

Zu Beginn der 70er Jahre begann man in Kliniken der USA vermehrt, Cochlea-Implantate einzusetzen. Nachdem House und Urban dem ersten Patienten ein Langzeitimplantat einsetzten, das mit einem tragbaren Sprachprozessor verbunden war, entschieden sie sich dabei für eine Einzelelektrodenplatzierung, welche zu dem Zeitpunkt noch die einzige realisierbare Variante des Cochlea-Implantates war. Der wirkliche Durchbruch gelang 1978 dem Professoren Graeme Clark der Universität Melbourne. Er implantierte weltweit das erste mehrkanalige intracochleäre System mit transkutaner Übertragung und tragbarem Sprachprozessor. Nach diesem Erfolg wurde er von der Firma Nucleus bei der professionellen Fertigung des Cochlea-Implantates unterstützt. Von nun an wurden vermehrt gehörlosen Erwachsenen ein Cochlea-Implantat eingepflanzt. 1985, als das Implantat seine Funktionstüchtigkeit unter Beweis stellte, begann man mit speziellen Methoden das Implantat den ersten Kleinkindern einzusetzen.

1984 begann Professor Lehnhart der medizinischen Hochschule in Hannover mit der Firma Nucleus zusammenzuarbeiten und die Modelle zu implantieren. Dank ihm wurde 1990 das Cochlea Implantat Centrum (CIC) in Hannover gegründet. [14] Im Laufe der Zeit wurde das Cochlea-Implantat immer weiterentwickelt. Es wird ständig leistungsfähiger und die Passform hat durch die Miniaturisierung an Komfort gewonnen. Auch der Sprachprozessor musste nichtmehr separat am Körper getragen werden und wurde insofern verkleinert, dass man es direkt hinter dem Ohr tragen konnte.

Funktionsweise

Die Grundbauteile eines Cochlea-Implantates sind derzeit ein externes und ein implantiertes Teil. Der externe Teil, der meist hinter dem Ohr getragen wird, besteht aus einem Mikrofon, einem Sprachprozessor, einer Batterie und einer Spule. Dieser Teil wird dann über einen Magneten mit der Spule des Implantates verbunden. [16]

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Abb2: Hören mit dem Cochlea-Implantat [17]

Hören mit dem Cochlea Implantat

  1. Über das Mikrofon werden Audiosignale aufgenommen und vom Soundprozessor in einen digitalen Code umgewandelt.
  2. Der digitale Code wird dann über die Sendespule an das Implantat, welches sich unter der Haut befindet, weitergegeben.
  3. Dort wird der digitale Code in elektrische Impulse umgewandelt und an die Elektrodenträgern übermittelt, die sich in der Cochlea befinden.
  4. In der Cochlea stimulieren die Elektroden dann den Hörnerv, der das Signal an das Gehirn weiterleitet und somit eine Hörwahrnehmung erzeugt.
  5. [18]

Implantation

Die Implantation eines Cochlea-Implantats findet stets unter Vollnarkose statt. Dabei wird ein kleiner Schnitt hinter dem Ohr getätigt und etwas vom Schädelknochen ausgefräst, um Platz für die Empfangsspule zu schaffen. Dann wird ein Kanal durch das Felsenbein gefräst, der bis zum Mittelohr führt. Von dort aus werden die Elektroden tief in die Cochlea geschoben. Anschließend wird alles verankert, damit es einen festen Sitz hat. [20] [21]

Forschungsstand und zukünftige Entwicklung

Die heutigen Cochlea-Implantate bieten mittlerweile dank 22 Kanälen die Möglichkeit, eine Vielzahl von Tonhöhen mit bis zu 161 Zwischenhöhen zu unterscheiden. Dies ermöglicht eine Wahrnehmung von gesprochenem Wort und Musik auf eine natürliche Art und Weise. Außerdem ist es möglich trotz eines Implantats eine Magnetresonanzthomographie bis 1,5 Tesla durchzuführen. Auch ist es möglich aus einer Vielzahl von Elektrodenträgern zu wählen, sodass ein Audiologe diese individuell auf die Bedürfnisse anpassen kann. Auch Wasserschutzhüllen werden angeboten, sodass man mit dem Cochlea-Implantat problemlos Schwimmen gehen kann. [22] Das Cochlea-Implantat ist außerdem mit einem Hörgerät kombinierbar. Falls also noch ein Resthörvermögen besteht, kann dieses mit in den Prozess des Hörens einbezogen werden. Das Hörgerät des Cochlea-Implantats verstärkt dann die tiefen Frequenzen und leitet sie weiter durch den normalen Gehörgang, während die hohen Töne durch das Mikrofon des Cochlea-Implantates aufgenommen und verarbeitet werden. [18] Darüber hinaus wird an einer Methode gearbeitet, den externen Teil des Implantates ebenfalls zu integrieren. Diese Methode wird TIKI (Totally Implanted Cochlea Implantat) genannt. Diese Methode wurde bereits an wenigen Patienten implantiert. Der einzige Nachteil hierbei wäre, neben der komplizierteren Operation, dass man in gewissen Abständen die Batterie operativ tauschen müsste. [18] Ein weiterer Forschungsansatz ist der des Hirnstammimplantats. Hierbei stimuliert das Implantat nicht das Innenohr, also die Cochlea, stattdessen erfolgt die Stimulation direkt im akustisch relevanten Teil des Hirns. Dies hätte den Vorteil, dass auch Patienten geheilt werden können, deren Hörnerv irreparabel zerstört ist. [24]


Literatur

  • [1]Vgl. http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/hno/pdf/CInfoPat.pdf
  • [2]Vgl. http://www.tinnitus-liga.de/hoeren.htm
  • [3]Vgl. http://www.hoerst-du-mich.net/index.php?option=com_content&view=article&id=12&Itemid=58
  • [4]Vgl. http://hob-ev.de/index.php/gut-zu-wissen/schwerhoerigkeit/wie-funktioniert-das-ohr
  • [5]Vgl. http://www.hoerkomm.de/wie-funktioniert-das-gehoer.html#Innenohr
  • [6]Vgl. http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Anatomy_of_the_Human_Ear_de.svg
  • [7]Vgl. http://www.youtube.com/watch?v=tVEe_dXamtQ
  • [8]Vgl. http://www.powerhousemuseum.com/hsc/cochlear/history.htm
  • [9]Vgl. http://www.signgenius.com/cochlear-implant/cochlear-implant-history.shtml
  • [10]Vgl. http://www.ohrenseite.de/DiegeschichtlicheEntwicklungdesCI.pdf
  • [11]Vgl. http://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/volltexte/2009/3346/pdf/diss_bunte_links.pdf
  • [12]Vgl. Der aktuele Stand der apparativen Versorgung und audiologischen Diagnosik hörgeschädigter Schüler an einer Schule für Hörgeschädigte in Hessen
  • [13]Vgl. http://wasd.urz.uni-magdeburg.de/UA/dokumente/F-Bestand-8/TF015166-TF015169.pdf
  • [14]Vgl. Untersuchung von Haltungs- und Gleichgewichtsregulation bei Patienten mit Cochlea Implantat
  • [15] Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Cochlear_implant#History
  • [16]Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Cochleaimplantat#Funktionsweise
  • [17]Vgl. http://www.cochlear.com/wps/wcm/connect/de/home/discover/cochlear-implants/how-it-works/how-it-works
  • [18]Vgl. http://www.cochlear.com/wps/wcm/connect/de/home/discover/cochlear-implants/how-it-works/how-it-works
  • [19]Vgl. http://www.youtube.com/watch?v=zeg4qTnYOpw
  • [20]Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Cochleaimplantat#Implantation
  • [21]Vgl. http://www.hoerzentrum-hannover.de/index.php?id=95
  • [22]Vgl.http://www.cochlear.com/wps/wcm/connect/de/home/discover/cochlear-implants/nucleus-6-for-adults/cochlears-implant-portfolio/cochlears-implant-portfolio
  • [23]Vgl.http://spectrum.ieee.org/biomedical/devices/brain-power
  • [24]Vgl. http://www.planet-wissen.de/natur_technik/sinne/hoeren/hoeren_cochlea.jsp